Samstag, 2. April 2011

Detektor - Erinnerungen

Gimp gimp...
Mein grösster Wunsch als kleiner Junge war ein eigenes Radiogerät. Eines das ganz alleine mir gehörte, an dem ich drehen, Hörspiele und Musik lauschen konnte. Onkel Werner besass ein Radio-Geschäft und ab und an schenkte er mir so eine ausgediente Radio-Kiste. Ich schleppte diese Dinger, die wie kleine Hundehäuschen aussahen, auf mein Zimmer und roch den speziellen Duft der Kondensatoren und den Wachsduft des Transformers ein. Allerdings durfte ich die Radios nie in Betrieb setzen da Maman glaubte ich würde mit einem Kurzschluss das ganze Haus in Brand setzen. Hie und da, wenn niemand in der Nähe war, versuchte ich es doch. Ich steckte den Stecker ein, drehte am Knopf und flüchtete hinter den vor Kurzschluss schützenden Kleiderschrank und wartete ab. Aber ausser einem lauter und lauter werdenden sonoren Brummen war nichts zu vernehmen. Die Dinger waren wirklich hin.
Da baute ich mir halt selbst einen Detektor. Onkel Werner schenkte mir die nötigen Utensilien und mein Taufpate steuerte die notwendigen Kopfhörer dazu bei. Dann baute ich alles in ein kleines Holzkistchen, nicht grösser als zwei Zündholz-Schächtelchen, und tatsächlich, es funktionierte! Dann zog ich ein langes Kabel zur kupfernen Dachrinne, und fertig war die monumentale Antenne. Wenn ich am Kristall richtig drehte ertönte ganz schwach Radio Monte-Ceneri, drehte ich weiter so kriegte ich gar Radio-Beromünster rein.
Stolz war ich. Aber niemand ausser meiner Grossmutter interessierte sich für mein revolutionäres Werk. Sie setzte sich die Kopfhörer auf und lauschte konzentriert und mit zugekniffenen Augen den seltsamen Tönen. Nonna war schwerhörig und auf mein gespanntes "und?" gab sie zur Antwort: "Si, si, qualcosa fa gimp gimp.."

Freitag, 1. April 2011

Musica - Erinnerungen

Am Himmel stoht es Stärndli z'Nacht.
In unserer Wohnstube stand ein altes Klavier. Schön klavierlackschwarz und mit Barock-Kasetten an der Frontseite. Links und rechts waren geschwungene Messing-Kerzenhalter angebracht. Das Klavier war grösser als die Couch, dunkler und schwerer als das Nussbaum-Buffet und strahlte im Raum eine erdrückende Dominanz aus. Verstimmt war es auch, und wenn Papa oder Maman darauf spielten, so tönte es wie ein verstimmtes Mandoline-Orchester.
Maman besass eine Geige und dazu ein schwarzes Holz-Etui das aussah wie ein Puppen-Sarg. Ab und zu machten Vater und Mutter Hausmusik. Papa am verstimmten Klavier, Maman mit der Geige. Und immer wieder spielten sie die gleichen Melodien. Etwa "Le vieux Châlet", "Nach em Räge schynt d'Sunne" oder "Silberfäden". Sobald sie spielten berührte mich diese Musik stark. Ich wurde richtig melancholisch und irgendwie genierte ich mich. Ich wollte weg und blieb trotzdem, hörte zu und wurde ganz still. Aber am aller schlimmsten packte es mich wenn sie die Volksschnulze "Am Himmel stoht es Stärndli z'Nacht" spielten und gar dazu im Duett den Text sangen. Dann war es passiert, dann verkroch ich mich hinter das Klavier und heulte vor Ergriffenheit...