Freitag, 5. November 2010

Der Glinggu-Glanggu - Erinnerungen

Ich war etwa acht Jahre alt, da schenkte mir meine Nonna ein riesengrosses Bild. Es war kein gemaltes Bild, sondern ein Figurenbild mit Porzellanfiguren, Rüschen, Samt und aufgeleimtem Glimmer. Die Gruppe stellte die heilige Familie dar. Vater Gottes als wolkendurchdringendes Strahlendreieck, der heilige Joseph als Zimmermann mit Hobel und Bart, der junge Jesus und seine Mutter.
Hinten auf dem Rahmen war ein Kästchen montiert. Mit einem riesigen Schlüssel zog man das Uhrwerk auf, und dann spielte das Kästchen bis zur Bewustlosigkeit "Stille Nacht, heilige Nacht". Wegen dem eigentümlichen Klang nannten wir dieses Bild alsbald den "Glinggu-Glanggu".
Beim zu Bett gehen zog meine Mutter das Uhrwerk auf, und ich machte mir den Sport daraus zu zählen wie oft sich "Stille Nacht, heilige Nacht" wiederholt. So gegen Schluss wurde die Melodie immer langsamer und man merkte wie die Walze immer mehr Mühe hatte über die Tonplättchen zu drehen. Es wurde für mich zum ungeheuren Reiz zu erraten ob der nächste Ton noch erklingt oder nicht. Es kam aber auch vor, dass die Melodie bei "Stille Nacht, heilig....." aufhörte und dann plötzlich nach fünf Minuten noch "...e Nacht, alles schlä..." endgültig beendete. Dann war die Überraschung zu gross, dann erschrak ich und konnte nicht mehr einschlafen.
Nach einigen Jahren kamen Waadtländer Antiquitätenhändler vorbei. Einer von ihnen entdeckte den "Glinggu-Glanggu" und wollte ihn unbedingt haben. Ich weigerte mich standhaft bis er mir eine Hunderter-Note bot - damals fürchterlich viel Geld für einen Jungen - ich wurde schwach und überliess ihm das Spieldosen-Bild.
Vor etwa fünf Jahren besuchte ich das Musée Baud à L’Auberson in St. Croix, und was sah ich? MEIN "Glinggu-Glanggu" hing einträchtig neben vielen anderen schönen Uhrwerksbildern an der Wand!

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